Groenland Reise 1966

Eigentlich wollten wir zum Nordpol, aber das scheiterte an diversen Genehmigungsformalitaeten. Unser Expeditionsleiter Dr. Karl Herrligkoffer waehlte deshalb die Stauningsalpen in Groenland als Alternative. Die Anreise erfolgte per Flug von Muenchen ueber Island nach Mestersvik in Groenland. Von da ging es per Fischerkahn durch einen langen Fjord und spaeter ueber ansteigendes Eis zu einem ebenem Gletscher mitten zwischen den von uns ausgesuchten Bergen.

Die Maenner hatten meine Aufgabe wohl eher als Kuechenfee gesehen. Aber aufgrund der unbegrenzten Tageszeit war diese Funktion kaum ausfuellbar. Die Seilschaften waren oft 25 Stunden am Stueck unterwegs und alle zu unterschiedlichen Zeiten. An gemeinsame Mahlzeiten war kaum zu denken. Da begann ich eigene Unternehmungen zu starten.

Waehrend die Kameraden zu neuen Gipfelbesteigungen aufgebrochen sind – gehe ich zum Skilaufen und entdecke die Aufstiegsspuren von Michel Anderl und Karl Herrligkoffer. Ich steige aus der Bindung. Es laest sich gut gehen, die Tritte sind hart gefroren. Die Spur verfolgend, gelange ich an die Randspalten, welche ich links umgehe. Der Schnee traegt gut. Den Gipfelgrat packe ich direkt. Das Wetter verschlechtert sich zusehends. Vierzehn Uhr dreissig stehe ich auf dem nebelumwogten Gipfel. Mein Herz schlaegt hoeher. Mir ist die zweite Begehung der Muenchner Spitze gelungen. Kein Mensch weit und breit -  jetzt gehoert der Gipfel mir ganz allein. Die Kameraden im Lager werden schimpfen, dass ich  so einfach davon gelaufen bin, es hat sich so ergeben.

Mir wird`s kalt – Mahnung  zum Abstieg. Bald habe ich die Ski an den Fuessen  - ein paar Schwuenge, und dann geht`s im Schuss zum Basislager.

Am 17. August strebt die ganze Mannschaft neuen Zielen entgegen. Wieder geht es per Ski bis zum Einstieg. Wir entschliessen uns fuer den Suedost-Grat dieses Berges. Es ist eine reine Genusskletterei in festem Fels. Steile Grattuerme -  doch wir koennen meist gleichzeitig gehen. Nach zwei Stunden haben wir die Felsen hinter uns, dann kommen die Steigeisen zu ihrem Recht. Der Schneegrat ist lang, steiler hier, flacher dort. Gelegentlich weichen wir in die linke Flanke aus. Dann eine Querung und ein steiler Gipfelhang. Der Wind ist eisig. Den Gipfel taufen wir nach  unserer Heimatstadt  >Dresdner Spitze<.

Den Abstieg waehlen wir ueber den Ostgrat.

Am 22. August bin ich wieder mit einem  Gipfel an der Reihe. Mit Guenther Schnaidt (Eiger-Direttissima) ziehe ich zum >Sendlinger Berg<. Eine etwa 300 Meter hohe Eisrinne von ca. 40 Grad Steilheit bildet den Einstieg. Die Verhaeltnisse  sind gut.  Wir gehen gemeinsam. Das Ende der Rinne ist ueberwaechtet. Wir muessen  durchbrechen. Waehrend Guenther diese Arbeit leistet, stehe ich abseits.

Von einer kleinen Scharte geht es ueber Felsen (III und  IV) empor. Eine steile, sehr harte Eisrinne ist die Fortsetzung. Guenther schaetzt: 65 Grad. Nach 3 Seillaengen  folgt Fels. Dann stehen wir  auf dem schmalen Gipfel. Der Hoehenmesser zeigt 2620 Meter.

Der Gedanke an den Abstieg laesst mich die Freude ein wenig vergessen. Die steile Eisrinne zurueck? O Graus!

Guenther schlaegt eine Ueberschreitung zum naechsten Gipfel vor, doch beim  Betrachten der scharfen Gratschneide faellt mir fast das Herz in die Hosen, aber Guenther redet mir zu: >Das bringst du schon!<

Seillaenge um Seillaenge aengstigen wir uns ueber den luftigen First. Beim  Sichern sind wir staendig zum Sprung in die gegenseitige Flanke bereit. Spaeter erweitert sich der Grat zur >Sendlinger Hauptstrasse<. Bald haben wir den zweiten, die >Sendlinger Kalotte<, erreicht. Der Abstieg geht gut - ein Gratturm, zwei Seillaengen steiles Eis, eine Randkluft, eine Eisrinne  -  immer abwechseln.

Irgendwann hatte auch dieses schoene Erlebnis sein Ende. Auf der Anreiseroute ging es zurueck nach Muenchen.

Inge Rost, geschrieben 1966

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updated  02.05.14

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