Rund um den Globus 1973-74

 Rund um den Globus   Kurzbericht - Reiseroute

Vom 14.12.1973 – 08.02.1974

 

Von Muenchen bis Auckland  14. – 19.12.1973

Eigentlich sollte es eine Expedition ins Admiralitaetsgebirge in der Antarktis werden, veranstaltet von meinem Freund Karl Herrligkoffer. Ich hatte bereits 1961 am Nanga Parbat festgestellt, dass ich eigentlich als Expeditionsbergsteiger ungeeignet bin. So nach Anweisung etwas ausfuehren, wie es nun mal bei Expeditionen erforderlich ist, dafuer war mir normalerweiser meine knappe Freizeit zu schade. Antarktis betrachtete ich als Ausnahme, weil ich nicht wusste ob ich in Eigenregie da jemals hinkommen werde. Es waere auch mehr eine Kundfahrt geworden, mit nur 4 Mann. Die weiteren Umstaende kann ich hier weglassen. Die sind nicht so wichtig.

Gebhard Planegger, genannt Pluto, und ich sollten als Vorhut nach Neuseeland fliegen und dort unsere per Transportflugzeug ankommende Ausruestung in Empfang nehmen, sowie einige Lebensmittel bei denen sich der Transport nicht gelohnt haette zukaufen. Der Weiterweg war mit einem Eisbrecher der US Army und das Absetzen an Land mit einem US Hubschrauber geplant. Der Eisbrecher haette 800 000.-US$ gekostet. Aber eigentlich hatten wir dieses Geld gar nicht.

Wenn ich schon so weit gereist bin wollte ich das gleich noch richtig ausnutzen, und auf der Heimreise auch noch Fidji, Tahiti und Mexico besuchen. Unsere Flugtickets stammten vor Herrn Kawadri, einem promovierten Betriebswirt aus Jordanien, der mit einer Dresdnerin verheiratet war. Der bot ganz besonders billige Flugticketkombinationen an. Wie er das gemacht hat weiss ich nicht. Aber ich konnte nie wieder ein Ticket bei ihm kaufen. Er sass kurze Zeit spaeter wegen Steuerhinterziehung in Millionenhoehe im Knast. Danach ist er unauffindbar aus Deutschland verschwunden. Ich habe so eine Kawadri-Spezialkombination gekauft, deren Rueck- bzw. Weiterflug erst zwischen 45 und 90 Tagen nach Ankunft gueltig wurde.

Ich sass im Behandlungsstuhl meiner Zahnaerztin, als die Inge dort anrief ich muesste einen Tag frueher abfliegen, das hing auch irgendwie mit dem Spezialticket zusammen. Also gleich nach der Zahnbehandlung im Eilschritt zur Bank, wo ich Travellerschecks bestellt hatte. Danach im Eilschritt heim und mit einigem persoenlichen Gepaeck zu Fluhafen.

In Frankfurt traf ich Pluto, der von Baden Baden gekommen war. Als naechste Teilstrecke sollte es mit Singapore Airlines, die damals noch Billigflieger waren, nach Singapur gehen. Der Vogel kam bereits ueberbucht von London. Wir gingen zum Singapore Manager. Pluto erzaehlte dem, wir haetten in Christchurch einen Eisbrecher fuer 800 000.-US$ gechartert, der aber Puenktlich abfahren muesste weil er anschliessend bereits fuer andere Aufgaben reserviert sei. Wir wuerden Singapore Airlines haftbar machen, wenn wir zu spaet kaemen. Der kleine Singapuri wurde immer kleiner, entschuldigte sich vielmals, erklaerte dass er alles daran setzen werde uns puenktlich in Christchurch ankommen zu lassen.

Zunaechst wurden wir luxerioes und kostenlos im Steigenberger Hotel untergebracht. Wir bekamen keine Gutscheine. Wir konnten auf Kosten von Singapore Airlines essen und trinken was wir wollten und soviel wir wollten. Wie durften auch kostenlos telefonieren. Wir haben das schamlos ausgenutzt.

Gegen 10:00 am naechsten morgen wurden unsere Tickets fuer die erste Teilstrecke gegen 1te Klasse Tickets von KLM getauscht. Der Luxus wurde also fortgesetzt.

In Singapur brachte man uns zum Zwischenstopp im Hotel Equatorial, ebenfalls eine Luxusbude, unter. Der Hotelboy wollte mir gern ein Singapurgirl vermitteln. Ich sagte ihm, dass ich schwitze und baden moechte. Er meinte, die wuerde das auch mit uebernehmen. Ich wollte allerdings lieber noch ein Stueck von Singapur sehen. Beim Pluto hatte er auch kein Glueck. Der hatte sich in eine bis Melbourne mitreisende Englaenderin verliebt, und die beiden waren mit sich beschaeftigt.

Ich bin also nach dem Bad Richtung Stadt marschiert, einfach so. Ich hatte keinen Stadtplan und nur wenig Zeit. Dachte irgend etwas interessantes werde ich schon finden. Erstmalig in so einer Gegend, da musste doch irgend etwas interessant sein.

Singapur, dass bevor die Amerikaner ihre Vietnamkrieger dort zur Erholung hin schickten, ein elendiges Malarianest war, hatte damals noch keine markanten Hochhaeuser an denen ich mich haette orientieren koennen. So hatte ich, als die Haelfte meiner knappen Zeit verbraucht war, nichts gesehen, nur ordentlich geschwitzt. Ausserdem hatte ich die Orientierung verloren.

Ich fragte eine junge Frau nach dem Hotel Equatorial. Die hat mich liebenswuerdigerweise bis zu Hotel begleitet. Als ich ankam stand der Airpotbus bereits vor der Tuer. Mein Essen konnte ich nicht mehr einnehmen, und fuer eine kurze Dusche reichte es auch nicht. Insgesamt war das keine gute Idee.

Die Weitereise erfolgte nun mit der normalerweise vorgesehenen DC9 von Singapore Airlines. Wir waren wieder im Zeitplan. Dadurch dass der Kawadri ueberall die billigsten Fluege zusammengestellt hatte, waren grosse zeitliche Luecken in der Planung. In Melbourne wieder 1 Tag Aufenthalt, mit Weihnachtsbaeumen bei drueckender Hitze. Das letzte Teilstueck uebernahm die NZ Airline.

Nachdem wir uns in Christchurch einquartiert hatten, suchten wir Mr. Chamberlain, den Verbindungsmann der Amerikaner auf, der die Angelegenheit mit dem Eisbrecher managen sollte. Der erzaehlte uns, der Eisbrecher waere im Eis stecken geblieben, und fuer den Hubschrauber fehlten einige Ersatzteile. Ich nehme an, die Amerikaner hatten inzwischen festgestellt, dass wir nicht ueber das noetige Geld verfuegten.

Wir informierten Karl, der bereits Bescheid wusste. Er hatte das Expeditionsgepaeck bereits in Frankfurt gestoppt. Aber er hatte auch die Expeditionskasse, waehrend wir nur ein Taschengeld dabei hatten. Unsere Rueck- bzw. Weiterreisetickets waren erst nach 45 Tagen gueltig, und das am anderen Ende der Welt. Wir haetten gern den Mt.Cook bestiegen, aber wir hatten nicht einmal einen Eispickel dabei. Mit dem was wir an Geld dabei hatten war das nicht finanzierbar. Die damaligen Umtauschkurse fuer 1 Austral- , NZ-, oder Fidji$ betrug jeweils 4.- DM.

 

Fidji   20. – 30.12.1973

Mr.Chamberlain verhalf uns, unsere jeweils erste Teistrecke sofort fliegen zu koennen. Pluto flog nach Australien, wo er einen Film drehen wollte. Er war damals fuer des Fernsehen Baden Baden in Bremen taetig. Ich habe ihn seither nicht mehr gesehen. Ich flog, via Zwischenstopp in Auckland, nach Nandi auf Fidji.

In meinem vor der vorverlegten Abreise schnell zusammengestellten Koffer hatte ich meinen Pelzmantel fuer die Antarktis und aehnliche auf Fidji unbrauchbare Dinge. Diese wollte ich waehrend meines Aufenthaltes auf Fidji in ein Schliessfach am International Airport Nandi geben. Wenn das Geld zu knapp wuerde, koennte ich ja notfalls irgendwo am Strand  naechtigen. Die Maschine landete um Mitternacht. Aber da war kein Schliessfach. Da war ueberhaupt nichts, nur eine Betonpiste, einige Taxis und ein Dunkelhaeutiger mit einem grossen Knueppel. Der verstand kein englisch und trieb mich von der Piste zu den Taxis. (Inzwischen ist Nandi Airport hochmodern und nobel.)

Ich fragte einen Fahrer ob er ein billiges Hotel fuer mich wuesste. Fuer 7.- Fidji$ wusste er etwas. 28.-DM fuer diese Bude das war schon recht teuer. Eine Alternative hatte ich nicht. Einen Aircon hatte der Raum. Das Ding machte furchtbaren Krach, aber der Raum blieb unertraeglich heiss. Schliesslich kam ich aus dem deutschen Winteranfang.

Was tun, wenn man viel zu wenig Geld dabei hat, und ein Ticket das erst nach 45 Tagen gueltig ist?  Ich wollte die Insel erwandern, einfach so querfeldein. Die ungewohnte feuchte Hitze war anstrengend. Ich erreichte ein Huettendorf. Ich wurde angesprochen. Fidji war englische Kolonie und erst 1 Jahr unanhaengig. Einige der Fidji's konnten englisch. Ich wurde ins Maennerhaus eingeladen. Es war sehr dunkel darin, vor allem nach der grellen Sonne ausserhalb. Anfangs konnte ich kaum etwas sehen.

Nachdem sich meine Augen eingestellt hatten, sah ich kraeftige muskuloese dunkle fast furchteinfloessende Maenner mit schwarzen Wuschelkoepfen, im Kreis um eine alte verbeulte emaillierte Schuessel mit einer grauen Bruehe sitzen. Eine halbe Kokosnussschale diente als Trinkbecher und ging reihum. Ich bekam einen Platz angewiesen, und als ich an der Reihe war, einen Becher von der Bruehe, die auf mich den Eindruck von abgestandenem Aufwaschwasser machte. Heute weiss ich, es war Kava, ein leichtes Rauschmittel. Als ich ausgetrunken hatte klatschte man mir auf die Schultern, und groelte laut Fidji Birr.

So ging es Runde um Runde. Ich wusste nicht was ich da trank. Das laute Groelen der Maenner, und auch ueberhaupt ihre laute raue Sprache schmerzte in meinen Ohren. Mir wurde bewusst, ich war allein und niemand wusste wo ich bin. Ich hatte meine teure Spiegelreflexcamera umhaengen, leider ohne Blitzer. Ich bekam langsam ein mulmiges Gefuehl, und ueberlegte wie ich mich einigermassen elegant aus dieser Lage veraschieden koennte. Ich hatte schon allerhand von der Bruehe in mir, deren Wirkung an der frischen Luft ich nicht kannte.

Einem jungen Mann, der mir die naechste Schale reichte und recht gut englisch verstand sagte ich, ich haette noch eine Verabredung und wuerde am naechsten Tag wieder kommen. Er sagte mir, ich solle eine Flasche Whisky mitbringen.

Ich musste umdenken. Erwandern, das war bei dieser Hitze zuviel. In Nandi suchte ich einen Autoverleih auf. Ich mietete einen Toyota Corolla fuer eine Fahrt um die Insel, d.h. fuer 1 Woche. Ich hatte keinen Fuehrerschein dabei. Soetwas war doch nicht vorgesehen. Der Vermieter meinte, ohne Fuehrerschein muesste er auf sicher gehen, und alle Hotels im Voraus fuer mich buchen. Fuer ihn war das ein Zusatzgeschaeft. Er buchte sehr teure Hotels. Eine Karte mit der Strasse um die Insel und einigen Abzweigen bekam ich auch ausgehaendigt. Ich zeigte dem Mann, es war ein Inder, mein offenes Ticket und sagte, er solle gleich den anschliessenden Weiterflug fuer mich buchen. Der Autovermieter kannte sich nicht aus mit der 45 Tage Sperrfrist und erledigte die Sache telefonisch. Die Leute von der Fluggesellschaft haben das Ticket nicht gesehen. Das hat geklappt.

Ich ereichte das erste Hotel. Fidji Hotel stand in grossen Lettern ueber dem Torbogen. Es war sehr elegant und sehr teuer. Dort verkehrten ausser mir nur geldige Australier. Mein erstklassiges Abendessen nahm ich, von beiden Seiten durch huebsche junge Damen bedient, im Golden-Dinner-Raum ein. Ja, es war wirklich golden, vor allem die Preise. Das Fruehstueck bekam ich von jungen, aber bis zur Halskrause in Uniformen steckenden Frauen ans Bett serviert. Dabei hatte ich immer nur einen Gedanken:"Wie lange haelt meine Kasse das aus". Tagsueber, wenn ich mit meinem Leihwagen unterwegs war, verkoestigte ich mich allgemein von 2 Mangos.

Geldtransfer war damals nicht so einfach wie heute. Vom Hotel aus, das an einem sehr schoenen Stand, ohne Ortschaft in der Naehe lag, schrieb ich einen Luftpostbrief an den Karl. "Sende mit bitte telegrafisch 2500.-DM nach Tahiti, auf meine Pass Nummer die Du hast. Die Bank nenne ich Dir telegrafisch wenn ich Tahiti erreicht habe". Soetwas hatte ich noch nie praktiziert, hoffte aber dass es klappt. Unbesorgt, und mit dem mir eigenen Optimismus, konnte es nun weiter gehen.

Anderentags fuhr ich am Singatoka River entlang in das Landes- oder besser Inselinnere. Irgendwann setzte der Motor aus. Ich hatte bis dahin immer nur Luftkuehler gefahren. 1961 hatte ich in Kashmir gesehen, dass die Fahrer bei Motorueberhitzung kuebelweise Wasser ueber den gesamten Motorbereich schutteten. Nach der Abkuehlung ging es dann wieder weiter. Ich hatte keinen Kuebel. Also wartete ich auf langsame Abkuehlung bei Motorstillstand. Und siehe da, das Ding lief wieder.

Beim naechsten Motorausfall stand zufaellig ein von Indern bewohntes Haus an der Strasse. (50% der Fiji-Bevoelkerung sind Inder. Sie beherrschen den Handwerkssektor und die Banken. 3% sind Chinesen, die beherrschen das Gaststaettengewebe, die Ureinwohner betreiben Landwirtschaft oder arbeiten im Bergwerk.) Ich fragte nach einem Eimer. Der Inder interessierte sich sofort fuer das Auto, und wollte fuer den Weiterrweg als unbezahlter Fahrer taetig werden. Ich liess ihn ans Steuer. Nach einiger Zeit standen wir wieder. Erneutes Warten und Weiterfahrt. Dann wieder Stillstand. Dem Inder machte das Fahren Spass. Nachdem der Motor wieder lief wollte er weiter. Aber ich hatte Bedenken, dass irgendwann nichts mehr geht, und ich mit dem Vehickel  fernab fest sitze.

Wir fuhren zurueck. Ich wurde eingeladen. Es war Weihnachten und der Tisch reichlich gedeckt. Mir mit meiner knappen Kasse kam das gerade recht. Hier trank man nicht Kava sondern Bier. Die Inder luden gleich noch eine Nachbarfamilie ein. Man hatte viele Fragen, und wir hatten viel Spass. Mit einigen Promille zuviel trat ich die Rueckfahrt an, natuerlich mit dem inzwischen schon gewohnten Motorstillstaenden so zwischendurch.

Den naechsten Tag verbrachte ich am schoenen Strand in der Gegend des Hotels. Am Abend trat eine Maennerchor fuer die Hotelgaeste auf. Zunaechst Sangen sie ihre Fidji-Lieder. Als sie Stille Nacht anstimmten klatschten die Hotelgaeste. Ich fand das kitschig. Es ist doch viel natuerlicher wenn sie ihre eigenen Lieder, ihre eigene Kultur singen. Man muss ihnen doch nicht Europa ueberstuelpen.

Waehrend der Weiterfahrt nach Suwa, der Hauptstadt, dauerte es nicht lange und der Motor blieb wieder stehen. Ein Inder ueberholte mich. Ich hatte Glueck. Er hielt an und fragte ob ich Schwierigkeiten haette. Es war ein Automechaniker. Einen Kuebel Wasser hatte er leider nicht. Er band ein feuchtes Tuch um die Benzinleitung und blieb waehrend der Weiterfahrt in Reichweite. Nach kurzer Strecke wieder Stillstand.

Der Inder holte seinen Werkzeugkasten und entfernte einen Filter, so klein wie ein Zigarettenfilter, aus der Benzinleitung. Ab da lief der Motor stoerungsfrei. Gewusst wo! Er sagte mir noch, in Suwa solle ich einen neuen Filter einbauen lassen. Das Benzin auf Fidji waere oft unsauber. Beim Abschied gab er mir seine Adresse. Er wohnte unweit von Suwa. Ich sollte ihn und seine Familie inkl. Eltern besuchen.

Das wurde 2 Tage spaeter ein recht netter Abend, natuerlich wie ueblich mit vielen Fragen. Dass Inge und ich 1969 per Auto in Indien waren machte das Gespraech noch interessanter. Von den Indern, die schon ueber Generationen auf Fidji leben, war noch keiner in Indien.

Mein Hotel in Suwa war nicht so exklusiv wie das vorherige. Es lag auch nicht direkt am Strand. Die Bedienungen waren etwas aelter. Alles war sauber, nett und recht gemuetlich. Was fuer mich besonders wichtig war, es war billiger, aber fuer meine Kasse trotzdem zu teuer.

Es gibt einen interessanten Markt in Suwa und viele andere Dinge. Vorallem hatte es mir die Beobachtung der Menschen, viele unterschiedliche Typen aus vieler Herren Laendern, angetan. Zum Strand musste ich einige Schritte laufen. Er war nicht so romantisch wie der Vorige, aber auch nicht schlecht. Ich konnte Fischer sehen die Fische, auch nicht besonders grosse, vom Land aus per Speer erlegten. Dazu gehoert wohl allerhand Geschicklichkeit. Ich wuerde mir das nicht zutrauen.

Bei der Weiterfahrt sah ich Kinder von einer Bruecke kopfueber in den weit unten gelegenen Bach springen. Ich hielt an um zu fotografieren. Sogleich meldete sich eine Waescherin, mit einem grossen Korb frischer Waesche, als Beifahrerin. Dadurch bekam ich Gelegenheit zu einem Besuch bei den aelteren Damen ihres Dorfes

Kurze Zeit spaeter ueberraschte mich ein Starker Tropenregen. Im Nu war die Strasse und Umgebung ein See. Der Regen verschwand so schnell wie er gekommen war. Jetzt kamen Maenner aus nehegelegenen Huetten mit Netzen und fischten im neu entstandenen See. Fuer mich bleibt es ein Raetsel woher die Fische, in einem Gebiet das eigentlich Strasse war, so schnell kamen.

Das Hotel in Racki Racki war noch mal einfacher und auch billiger. Nun war es nur noch wichtig dass die Sache mit dem Flug auch klar ging.  Es passte.

 

Tahiti + franzoesisch Polinesien    30.12.1973 – 12.01.1974

Im Flugzeug sass ein junger Franzose neben mir. Er hatte in Austalien gearbeitet, wie damals viele Europaeer. Der Wechselkurs ergab einen guten Gewinn nach Umtausch in die Heimatwaehrung. Wir haben uns englisch unterhalten

Nach der Landung am International Airport Faaa wurden uns die Paesse abgenommen. Wir wurden gefragt welches Hotel wir gebucht haetten. Wer nicht gebucht hatte bekam eine Liste mit sehr teuren Hotels vorgelegt, und musste eines davon buchen. Der Franzose hatte gebucht. Sein Hotel war allerdings nicht auf der Liste. Mir empfahl er nur 2 Naechte zu buchen, und mir in dieser Zeit ein billiges Hotel zu suchen. Das hat auch funktioniert.

Mit einem PKW vom Hotel wurde ich abgeholt. Sauber war es, und teuer auch. Der Pazific Tahiti Franc kostete damals 3.-DM. Die Lage des Hotel's haette schlechter nicht sein koennen. Die Seite zum Meer hin total steinig, grosse Steine, barfuss fast nicht begehbar. Der Ausblick zum Meer war durch hohe dichte Straeucher verstellt. Auf der anderen Seite die Strasse vom Flugplatz zur Hauptstadt Papeete. Das Hotel etwa in Streckenmitte. Im Hof ein kleiner Swimmingpool mit Bar fuer die Gaeste.

Tags darauf lief ich die Strasse nach Papeete. Es waren nur gut 2 km. Trotzdem lief mir der Schweiss in Stroemen. Es gibt viele streunende Hunde auf Tahiti. Die doesen tagsueber im Schatten eines Baumes vor sich hin, und werden erst am Abend mobil. Wenn die Sonne, und damit auch der Schatten, weiter gewandert ist, kann es passieren dass so ein Hund einen Hitzschlag bekommt. Ein solches Exemplar lag am Strassenrand. Die Verwesung geht sehr schnell. Es stank moerderisch.

In Papeete habe ich Bank, Post und ein billiges Chinesenhotel bald gefunden. Zunaechst erledigte ich das Telegramm an Karl, mit der Adresse der Banque d.l. Indochina,  wegen der Geldsendung. Dann schaute ich mir das Hotel an. Zwei Kuebel mit Kuechenabfaellen standen vor dem Eingang und stanken nicht ganz so sehr wie der tote Hund. Rechts vom Eingang war das zugehoerige Chinarestaurant, in dem ich preiswert und gut essen konnte. Vom Eingang fuehrte eine schmale und sehr steile Treppe ins 1te OG. Direkt am Treppenende befanden sich die beiden Gaestetoiletten, deren Tueren immer offen standen. Die Spuelung lief permanent und natuerlich auch ueber. Die Bruehe rann die Treppe hinab. Links neben den Toiletten war ein kleines Schiebefenster ueber dem Direktion geschrieben stand. Es war die Rezeption. Ein Brett von Seitenwand zu Seitenwand, an der Rueckwand des sehr kleinen Raumes, bildete die Bank und das Bett fuer die Besitzerin. Obwohl sehr klein musste sie die Beine anziehen. Mehr Platz war nicht. Sie lag dort Tag und Nacht. Die Bezahlung erfolgte per Vorkasse. Der Pass wurde mir beim Einchecken abgenommen. Zum Geld von der Bank holen bekam ihn spaeter kurz ausgehaendigt.

Eine komische Art von Hotel. Es kostete 7.- PTF, d.h. 21.- DM. Im Jahr 1974 ein stolzer Preis fuer so eine Bude. Sonst war leider unter umgerechnet 80.- DM nichts zu haben. Mein Zimmer lag an der Rueckseite. Die Einrichtung bestand lediglich aus einer Holzpritsche mit Schaumstoffauflage und einem Tuch darueber als Bett, Stuhl und Tisch. Gepaeckablage am Fussboden. Im Zimmereck fuehrte ein Rohr mit umgebogenem Ende nach oben. Das war die Dusche. Der Fussboden ging dort etwas schraeg abwaerts gegen die Wand, in der sich ein Loch fuer den Abfluss befand.

Das war kein Touristenhotel. Hier naechtigten die Frauen, die mit ihren Waren zum Markt kamen. Die hatten grosse Pritschen, auf denen gleich 6 oder 8 nebeneinander lagen. Auf den Rueckweg am Abend, sah ich wie die inzwischen erwachten Hunde die Reste ihres stark verwesten Kameraden beseitigten.

Die kommende Nacht war meine 2te und letzte im teuren Hotel. Es war Sylvester. Eine aufgemotzte Tanzgruppe trat zur Unterhaltung im Hof neben Swimmingpool und Bar auf. Die Drinks suendhaft teuer.

Eine Pauschalreisegruppe aus Inzell war angekommen. Sie machten 2 Wochen Urlaub in diesem Hotel. Ich habe die spaeter nochmal getroffen und gefragt was da so auf dem Programm stand. Der groesste Teil des Aufenthalts war am Swimmingpool, dann aber ohne Tanzvorstellung. Ausserdem eine Bootsfahrt zur vorgelagerten Insel Morea, eine Rundfahrt um die Hauptinsel per Bus mit Haltepunkten am Point Cook, am  Miniwasserfall und am Gauguinmuseum, sowie ein Tag in der Hauptstadt Papeete wo es auch ein paar Kleinigkeiten zu sehen gibt. Nach dem Preis habe ich nicht gefragt, aber sicher teuer. Daheim haetten die das billiger gehabt. Fuer mich ist es unverstaendlich wie man so etwas buchen kann.

Ich war froh als ich die Nobelbude verlassen konnte, in der ich mich nicht wohl fuehlte. In meiner einfachen, ewig verschwitzten Kleidung, passte ich auch gar nicht dahin. Dafuer habe ich mich im Chinesenhotel umso wohler gefuehlt. Habe mir einen Vespa Roller gemietet, und alles erkundet was es zu erkunden gab. Am Wasserlauf habe ich versucht auf die Vulkanhuegel im Zentrum der Insel zu steigen. Weit kam ich nicht. Alles total verdschungelt.

In der Tanzschule, wo die Tanzgruppen die um die ganze Welt reisen ausgebildet werden, war ich auch. Musste nichts zahlen. Konnte in der Bank der Manager sitzen solange ich wollte. An der Minipyramide, die das Grab des letzen Herrschers darstellt, ist ein Schild angebracht das besagt, dass der letzte Koenig von Tahiti seine Insel dem Koenigreich Frankreich schenkte. Wahrscheinlich hat der nicht gewusst, dass Frankreich um die Zeit als er starb laengst Republik war.

Tahiti ist der Hauptstuetzpunkt der franzoesischen Pazifikflotte. Im Hafen sah ich zwei Kriegsschiffe, aber auch eine Nussschale mit der Aufschrift Neptun Hamburg, deutscher Flagge und zwei Klappfahrraeden an Deck. Die beiden Abenteurer waren wahrscheinlich gerade beim Einkaufen. An der Strandpromenade befanden sich einige simple Duschen, und auch Baenke auf denen fast immer besoffene Maenner schliefen. Auf Tahiti wird viel Whisky konsumiert. Man zahlt keine Steuern. Die Franzosen wollen Ruhe haben auf ihrem Flottenstuetzpunkt. Die Menschen sollen zufrieden sein.

Am Abend hatten die jungen Bedienungen vom Chinarestaurant ihren Spass mit mir.  Es waren meine ersten Versuche mit Staebchen zu essen. Auf Morea konnte ich die Vulkanfelsen wegen des Dschungels nicht besteigen. Eine Franzoesin die gerade Annans fuer den Markt in Papeete schnitt fragte ich, wieso sie hier lebt. Sie erklaerte mir, dass sie von 6 Annanas die sie zum Markt liefert leben kann. Mit so wenig Arbeit sei das sonst nirgends auf der Welt moeglich. Unterschiedliche Ansichten, mir waere das zu langweilig.

Taeglich lief ich zur Bank, und irgendwann war mein Geld endlich da. Im Buero der Pazifik Tahiti Airline kaufte ich mir ein Flugticket nach Bora Bora return, und sagte den im Internationalverkehr ahnungslosen Typen, sie mochten bitte gleich meinen Weiterflug nach Mexico mit buchen. Prinzip wie auf Fidji. Hat wieder funktioniert.

Bora Bora ist ganz klein. Ich konnte die Insel in 3 h per Fahrrad umrunden. Die Uferstrasse war damals noch im Bau. Als ein starker Wind aufkam musste ich aufpassen dass mich die Kokosnuesse nicht erschlagen. Einige alte Kultstaetten habe ich gesehen, viele Krabben und in der Lagune einen grossen Manta der dicht an der Wasseroberflaeche schwamm. Ich habe mich mit einem Polynesier aus Papeete angefreundet, der auf Bora Bora Urlaub machte. Er sass mit seinem Kofferradio und einer Flasche Bier immer am Landungssteg der Lagune, und haengte seinen Koerper gelegentlich zur Abkuehlung fuer ein paar Minuten ins Wasser, waehrend ich in der Lagune schwamm. Er meinte das waere gefaehrlich. Wir hatten spaeter noch einige Zeit Briefkontakt, genauso wie mit der Familie des Automechanikers von Fidji. Da im Lauf der vielen Reisen staendig neue Kontakte hinzukamen, sind die alten Kontakte damals leider meist irgendwann abgebrochen. Heute, mit Internet und Englischverteiler, laesst sich das besser aufrechterhalten.

Zwei Schweizer haben auf Bora Bora das erste Quartier fuer Besucher aufgebaut. Es bestand aus einem langen Palmblattdach auf mehreren Stuetzen, die Seiten ebenfalls mit leichten Naturmaterialien verkleidet. In der Mitte ein langer Tisch mit ebenso langen Baenken, wo das Einheitsessen eingenommen werden konnte. In der Wiese ringsum gab es mehrere A-Frame Huetten, ebenfalls mit Palmblattdach. Am Fussboden ein Stueck Schaumstoff als Bett. Am Eingang ein Stueck Stoff als Vorhang. Preis umgerechnet 9.- DM. Fuer das Gebotene auch nicht unbedingt billig.

Die Einheimischen lebten in Fertighaeusern mit Wellblechdach aus Frankreich. Preis 2000.- DM. Bei der Hitze waren die urspruenglichen Haeuser sicher praktischer. Aber die Fertighaeuser lassen sich leichter aufstellen. Ein Deutscher ehemaliger Fremdenlegionaer hatte das schoenste Haus, das hatte allerdings 15000.- DM gekostet. Er war mit einer Polynesierin verheiratet und konnte mir viel interessantes ueber das Leben der Einwohner erzaehlen. Das wuerde hier aber zu weit fuehren.

Strassenbeleuchtung war keine vorhanden. Die Leute waren am Abend immer mit starken Taschenlampen und grossen Knueppeln unterwegs, damit konnten sie die vielen gossen schwarzen streunenden Hunde blenden und verjagen. Ich ging ohne Lampe und geriet in ein Rudel Hunde. Die gingen von allen Seiten auf mich los. Ich habe kraeftig getreten. Ein Hund hat mich von hinten derb in die linke Wade gebissen.

Ich lief zum Quartier. Hoffte auf eine Hausapotheke. Da war nichts. Ein Maedel fuhr mich mit ihrer Vespa zur Sanitaetsstation. Diese bestand aus einem Schuppen mit etwas Verbandsmaterial und Geruempel. In einer Brechschale lag eine Spritze mit rostiger Nadel. Sie hat die Nadel mit Zellstoff abgerieben und ga mir dann eine Injektion, angeblich gegen Wundstarrkrampf. Dann hat sie die blutverschmierte Wunde etwas mit Wasser abgewaschen und verbunden. Nach 3 Schritten rutschte der Verband herunter. Ich fragte ob sie nicht ein Stueck Pflaster haette. Sie meinte, neues Pflaster kaeme erst in 2 Wochen, vielleicht.

 

Mexico     13.01. – 07.02.1974

Von Bora Bora ging es mit einer kleinen Maschine zurueck nach Faaa, und von dort mit einem grossen Vogel gleich weiter via Acapulco nach Mexico City. Im Flugzeug lernte ich eine jungen franzoesisch Schweizer kennen. Auch er hatte in Australien gearbeitet. Das Omlett, das nach Acapulco serviert wurde, konnte ich nicht essen. Mir wurde uebel. Ich bekam Fiber. Der Hundebiss? Vielleicht hatte der Koeter vorher ein Stueck halb verwesten Kameraden verspeist?

Am Mexico City Airport passte ich auf unser Gepaeck auf, und der Schweizer erkundigte sich in der Auskunft nach einem preiswerten Quartier und einem Sammeltaxi. Ich ging nicht zum Abendessen. Habe 3 Apotheken aufgesucht und in jeder eine Schachtel Penicillin gekauft. Wusste nicht was die sagen wenn ich ohne Rezept 3 Schachteln haben will.

Karl hatte mir irgendwann gesagt: „Wenn Du mal Probleme bekommst, mache Schocktherapie. Du vertraegst das". Du vertraegst das hat er immer gesagt, und Paul Bernett auch. Im Hotelzimmer habe ich dann die 30 Tabletten mit etwas Wasser konsumiert und mich ins Bett gelegt.

Als ich aufwachte stand der Schweizer Freund am Bett. Die Zimmertuer hatte offen gestanden. Er sagte: „Wie geht es Dir? Du hast 2 Tage geschlafen". D .h. 60 Stunden! Das Fiber war weg und ich war mobil. Wir gingen zum Fruehstueck mit herrlichem Fruchtsalat in einem spanischen Restaurant. Er erzaehlte mir begeistert was er schon alles entdeckt hatte, und wie viel neue Freunde er inzwischen gefunden hatte, dass das Anthropologische Museum sehr lohnend sei, und wie unkompliziert man die Metro benutzen konnte. Er war mit seinen neuen Freunden verabredet, ich brach zum Museum auf. Ausserdem besichtigte ich das Atztekenstadion und viele andere Dinge. Am Abend trafen wir uns allesamt in einer Pizzeria in der Hamburgo nahe der Uni.

Die Pizzeria war besonders guenstig fuer sehr hungrige Leute. Man zahlte einmal umgerechnet 3.-DM, und konnte dann von 18:00 bis 24:00 soviel Pizza essen wie man wollte. Man traf dort vorwiegend Studenten. Wir verabredeten uns zu gemeinsamen Touren fuer die naechsten Tage, u.a. Teotihucan etc.

Ich lernte in dieser Pizzeria auch eine junge Deutschlehrerin namens Teres kennen, die mich spaeter zur Oktoberfestzeit samt ihrer Schwester und einer Freundin in Muenchen besuchte. Zufaellig trafen wir dabei auf die Metzeler Elektroplaner, meine Arbeitskollegen, die von der AEG zum Abschluss eines Projektes eingeladen worden waren. Die AEG Leute fanden soviel gefallen an den Mexicanerinnen, dass sie gern noch mehr davon gehabt haetten. Wir wurden alle auf Kosten der AEG eingeladen. Es wurde ein sehr lustiger, und fuer die AEG wahrscheilich auch sehr teurer Abend. Kein Wunder, dass die AEG spaeter, falls die immer so grosszuegig waren, irgendwann in die Pleite ging.

Das war noch nicht das Ende der Geschichte. Spaeter verliebte sich mein Freund Pauli in die Teres. Wahrend diese spaeter eine Zwischenzeit in Mexico einschob, lernte der Pauli seine jetzige Frau kennen. Die Teres kam zurueck, und Pauli bekam Schwierigkeiten. Pauli quartierte die Teres im Keller in seiner Malerwerkstatt ein. Da zeigte sich wie es aussieht wenn Frauen zu Hyaenen werden. Die Betten flogen auf die Strasse und die Teres reiste wieder ab. Ja – das Leben ist manchmal eine sehr lustige Angelegenheit, vor allem fuer die Zuschauer.

Eines Abends sass ein junger Amerikaner bei uns am Tisch. Er sah meine Leichtbergschuhe. Ich hatte keine anderen dabei. Er fragte ob ich den Popocatepetel besteigen wolle. Ich hatte keine Pickel dabei und nur kurze Socken. Ausserdem wusste ich noch gar nicht wie man da hin kommt. Er meinte das laesst sich doch alles beschaffen und regeln. Ploetzlich wollten alle am Tisch auf den Popocatepetel.

Am uebernaechsten Morgen fuhren wir alle, Schweizer, Englaender, 1Amerikaner, 1Kanadier und ich per Bus zu der Huette, die als Ausgangspunkt fuer die Popacatepetelbesteigung dient. Ich hatte mir vorher noch Kniestruempfe gekauft. Meine Steigeisen hatte ich sowieso dabei. Ansonsten war meine Ausruestung fuer einen 5000er eher duerftig. Die anderen hatten noch weniger. An der Huette konnte ich mir einen Pickel fuer 16.-Peso, umgerechnet 2 US$ leihen. Es war der Letzte der zum Verleihen vorhanden war. Die Freunde gingen leer aus.

Am spaeten Abend liefen wir zur Biwakschachtel direkt unter dem Aufstieg. Die Biwakschachtel war schon reichlich voll. Ich bekam keinen Platz mehr. Musste vor dem Eingang sitzen. Mich fror, hatte ich doch nur mein Kapuzenhemd und einen duennen K-Way Anorak. So begann ich den Aufstieg als Aufwaermuebung schon bei Nacht. Der Aufstieg ist nicht schwer. Ich kam gut voran. Weiter oben  traf ich bald auf die ersten Sonnenstrahlen, waehrend unten noch alles im Schatten lag.

Ich drehte eine Runde um den Kraterrand, genoss den Ausblick und stieg dann wieder ab. Inzwischen war eine starke Erwaermung eingetreten. Der hart gefrorene Firn war aufgeweicht. Ich sah viele Leute in einer ausgetretenen Spur heraufkommen, unter ihnen die Freunde aus der Pizzeria. Weil sie keine Steigeisen hatten, mussten sie warten bis der Firn weich war. Einem Schweizer gab ich meinen Leihpickel. Mit dem eingesetzten Stil ging es sich leichter.

Die Freunde fuhren zurueck nach Mexico City. Ich wollte noch den gegenueberliegenden Iztaccihuati besteigen, fand aber keinen passenden Bus. So bin ich zunaechst bis Amecameca mitgefahren, und habe mich dort in einer Indianerabsteige einquartiert. Auch von hier gab es keine passende Busverbindung. Ein Bus hatte die Aufschrift Orizaba. So heisst der hoechste Berg von Mexico. Also bin ich da eingestiegen. Der Bus brachte mich nach der Stadt Orizaba, aber da war kein Berg zu sehen.

Ich ging in einen Laden. Da ich nicht spanisch spreche verstand mich die Frau nicht. Ich zeichnete eine Linie wie ein Vulkanprofil und darunter noch so etwas wie eine Huette und sagte Orizaba. Sie antwortete AU Busses Tlachichuca und deutete mir noch an, dass der Bus am naechsten Morgen 03:30 von einem Hof etwa100m rechterhand abfaehrt.

Habe gleich nebenan eine Indianerabsteige gefunden. Diese Dinger sind einfach und billig, und gar nicht unrecht. Ein kleiner Raum mit einer Pritsche, eine Gemeinschaftsdusche und ein schoener Hof mit Sitzgelegenheiten und Gruenzeug.

Der Bus war 3te Klasse, waehrend ich bisher nur 1te Klasse gefahren war. Das war schon ein Unterschied. Aber ich kam ans Ziel. An einer Tankstelle war Endstation, und gleich gegenueber ein Lebensmittelgeschaeft. Ich hatte Glueck. Im Lebensmittelladen konnte ich fuer 8.-Peso einen Pickel leihen. Der Inhaber sprach englisch, und er war auch schon auf dem Orizaba gewesen.

Nach einigen Infos charterte ich einen Jeep mit Fahrer und fuhr zur Huette, die als Ausgangsbasis fuer die Besteigung dient. Verpflegung habe ich nicht eingekauft, weil man in der Huette am Popocatepetel essen konnte. Hier war es allerdings anders. Die Huette war unbewirtschaftet. Daneben steht eine Biwakschachtel, wahrscheinlich der Vorlaeufer.

Auf der Huette befanden sich 2 junge Amerikaner mit 2 Frauen, die gerade beim Kochen waren. Ich hatte Hunger aber absolut nichts dabei. Ich tauschte einen Farbfilm gegen eine Schuessel von ihren Nudeln. Spaeter kamen 2 weitere Amerikaner, von denen konnte ich mir die Stirnlampe leihen. Sie alle wollten erst am uebernaechsten Tag aufbrechen. Ich startete 4 Uhr morgens.

Ich kam flott voran. Oben ging ich zu weit rechts, da ist es steiler und es sind Spalten. In der Dunkelheit konnte ich die Route nicht so recht ausmachen. Am Kraterrand schien bereits die Sonne. Ich ging nach rechts um den Krater zur anderen Seite, wo sich ein zweites Gipfelzeichen befindet.

Den Abstieg waehlte ich ueber die normale Route. Gegen 11:00 war ich bereits wieder im Bereich der Huette. Dort stand auch schon mein Jeep, obwohl ich ihn fuer spaeter bestellt hatte. Er hatte 2 andere Leute heraufgebracht. Ich habe meinen Pickel zurueckgegeben und musste mich beim Haendler in das Besteigerbuch eintragen, wo ich auch einen Eintrag meines Freundes Hermann Koellensperger fand. Der Haendler erzaehlte mir noch, dass ich die zweitkuerzeste Zeit haette, was ich allerdings nicht fuer besonders wichtig ansehe. Ich bin doch kein Sprinter.

Als naechstes wollte ich die historischen Staetten im Yukatan besuchen. Da bot es sich direkt an, dass ein Bus nach Villahermosa auftauchte. In einer Nachtfahrt ging es nach dort. Nun begann der kulturelle Teil der Reise. Zunaechst habe ich aber erst einmal gemuetlich Kaffee getrunken und einen grossen Fruchtsalat gegessen, was ich auch ueber die naechste Zeit gelegentlich fortsetzte.

Dann habe ich die Stadt und das Olmeken Freilichtmuseum besichtigt, was aus zusammengetragenen Fundstuecken besteht. Der Weiterweg fuehrte nach Palenque, einer Anlage deren wesentlicher Teil noch vom Urwald ueberwuchert ist und der Freilegung bedarf. In Uxmal beeindruckte der pyramidenartige Tempel wesentlich mehr als die Bilder die ich vorher gesehen hatte. Die Zugangstreppe ist sehr steil angelegt. Schmale hohe Stufen. Das musste wohl so sein, damit die Opfer, denen die Priester das Herz herausgerissen hatten bevor sie da hinuntergeworfen wurden, reibungslos entsorgt werden konnten. Ein grausiges Ritual.

Die meisten Bauwerke dieser Art die ich besuchte, konnte ich wie uebliche Treppen begehen. Im Abstieg mit dem Gesicht nach aussen, und ohne mich irgendwo anzuhalten. In Uxmal liess ich sicherheitshalber beim Abstieg die dort angebrachte Kette durch meine rechte Hand gleiten.

In Merida bin ich waehrend der Reise nach Sueden nur umgestiegen, und gleich weiter nach Chichen Itza, wo ich erst nach Einbruch der Dunkelheit ankam. Ich hatte, wie das bei mir gelegentlich passiert, schon seit Palenque nichts mehr gegessen. Der Bus hielt vor dem Nobelhotel Chichen Itza. Da bin ich gar nicht erst hineingegangen. Gefolgt von einer Meute streunender und bellender Hunde fand ich in der Dunkelheit, d.h. ohne Strassenbeleuchtung, ein nur halb fertiges Motel. Dieser Ortsteil war noch in Bau, deshalb keine Strassenbeleuchtung. Chichen Itza ist teuer. Mein primitives Zimmer im halbfertigen Motel war teurer als mein Hotel in Mexico City. Das Restaurant des Motels und auch die Zimmerbeleuchtung waren noch nicht fertig. Es gab also nichts essbares. Wegen meiner Bora Bora Erfahrung mit streunenden Hunden, habe ich trotz grossen Hungers auf des Abendessen verzichtet.

Am morgen bin ich sofort in Richtung grosse Itzapyramide aufgebrochen. Dort sind viele Kioske, aber nur einer begann so frueh am Morgen zu oeffnen. Die Besitzerin, eine Maya, konnte mir nur einige kalte Essensreste zusammenkratzen, bestehend aus Reis, weissen Bohnen und viel sehr scharfer Chillisosse. Habe das alles sehr schnell in mich hineingeschaufelt, um moeglichst schnell zu den Sehenswuerdigkeiten zu kommen.

Alles da ist sehr interessant, die Pyramide, der Ballspielplatz, der tiefe Pool in dem Menschen dem Regengott geopfert wurden, viele in Stein gehauene Reliefs etc. Dominierend ist der Gott Quetzalcoatl (Gruenfederschlange) den es auch bei anderen Indianerstaemmen gibt, der aber von den Itza ganz besonders verehrt wird.

Am Nachmittag war ich auf der anderen Seite der Strasse in der Stadt der Maya, mit Observatorium und vielem mehr. Ich muss diese Dinge nicht alle beschreiben. Es gibt genuegend Literatur. Ich selber bin ja auch nur ueber die Literatur an diese Dinge gekommen, wuerde also indirekt nur abschreiben. Die Itza kamen uebrigens erst nach den Maya hierher, und haben diesen einfach ein Stueck Land weggenommen.

Ich wollte keine weitere Nacht in Chichen Itza bleiben. Als ein 3te Klasse Bus nach Merida anhielt, bin ich in das bereits ueberfuellte Ding hinein. Ich bekam nur einen Stehplatz, zwischen Frauen mit Stangen ueber der Schulter, an denen an den Fuessen aufgehaengtes Gefluegel hing. Ein Ziegenbock fuhr auch mit. Ob der wohl ein gueltiges Ticket hatte?

Den Tag ueber hatte ich wieder einmal weder Speisen noch Getraenke zu mir genommen. Bei der Ruckelei macht sich scheinbar mein Fruehstueck mit der vielen Chillisosse bemerkbar. Ich war froh als wir Merida ereichten. Alle Toiletten am Busbahnhof waren besetzt, waehrend es in meinem Bauch schon furchtbar rumorte. Endlich wurde eine frei. Ein Hockclo, alles bekleckert, die Bruestung so nieder dass man erst in der Hockstellung dahinter verschwand, eine Tuer die 180° schwenkte ohne Riegel und kein Kleiderhaken oder aehnliches. Einige Zeitungsfetzen lagen herum. Wenn er eingermassen sauber bleiben sollte, musste ich meinen Rucksack in der Hockstellung auf die Knie nehmen. Dann prasselte es explosionsartig aus mir heraus. Viele Reisende hatten noch keine Toilette gefunden. Staendig rammelte mir irgendwer die Tuer gegen die Knie, sodass ich Muehe hatte nicht rueckwaerts in den Schmand zu kippen. Dabei waere es so einfach gewesen, ueber die Bruestung zu schauen, um festzustellen dass da besetzt bzw. behockt war. Das war ein echter Kampf, der ebenso wie das Gesehene ewig in meiner Erinnerung bleiben wird.

Am Morgen dann ein kurzer Rundgang durch Merida. Danach stand die Entscheidung an, Cozumel und Mohair Island oder Oaxaka. Da ich damals noch nicht schnorchelte, habe ich mich fuer Oaxaka entschieden. Die Entscheidung war gut. Oaxaka ist sehr interessant, vor allem die Ausgrabungen auf dem Monte Alban. Habe mir in Oaxaka auch etwas Ruhe gegoennt, um wieder eimal richtig zu essen.  Jeden Abend eine andere Kapelle auf dem Marktplatz. Am Rand sassen Indianerfrauen und webten Schals, waehrend ihre Maenner sich oft in einer Spelunke mit Tequila vollaufen liessen. Gelegentlich kam es da auch zu Raufereien. An einem Morgen, als ich durch eine Gasse lief, sah ich einen zusammengeschlagenen Mann liegen. Dem hatte man ein Ohr halb abgerissen. Die Passanten liefen um ihn herum, oder stiegen darueber. Keiner nahm Notiz von ihm.

Waehrend meines Oaxaka Aufenthaltes unternahm ich auch einen Tagesausflug nach Mitla, im Gebiet der Mixteken Indianer. Auch hier gab es einiges zu sehen, u.a. eine grosse Kirche die die Spanier auf dem Fundament eines von ihnen abgerissenen Mixtekentempels errichteten. Wir Europaerer, die wir oft den Menschen in anderen Weltgegenden gesittetes Verhalten erklaeren wollen, sollten uns gelegentlich an die eigene Vergangenheit erinnern. Ansonsten ist die Gegend eher ausgetrocknet, bis auf die grossen Kakteen die hier wachsen und aus denen die Mixteken ihren Schnaps fertigen. Ich habe das Zeug auch probiert. Es ist recht kratzig, so wie die stacheligen Kakteen. Der Tequila ist da schon besser.

Der Weiterweg fuehrte mich nach Cuaernavaca und der Silberstadt Taxco. In Cuaernavaca gibt es das Trotzkihaus zwar noch, aber nichts erinnert daran dass Stalin hier seinem Widersacher ermorden liess. Fuer die Mexikaner ist der Machtkampf zweier Massenmoerder scheinbar kein Thema.

In Taxco erwarb ich einigen Silberschmuck fuer die Inge, u.a. einen Atztekenkalender der sich wahlweise als Brosche oder Umhaenger tragen laesst. Danach ging es zurueck nach Mexico City. Schliesslich musste ich irgendwann wieder zurueck nach Muenchen und an die Arbeit, obwohl ich den Rueckkehrtermin bei solchen Reisen immer offen gelassen habe.

In Mexico City habe ich noch eine Vorstellung zur mexikanischen Geschichte im Kulturhaus besucht, ein Obsidian- und ein Oniyxschach sowie einige andere Souveniers gekauft, und zum Abschied einen Abend mit der Teres beim Tequila in einer Bar verbracht. In der Pizzeria habe ich keinen der Freunde vom Popo mehr gesehen. In der Stadt war ich noch am Monument fuer Gautemoc (herabstuerzender Adler, dessen Symbol auch die mexikanischen Flugzeuge ziert), den letzten Atztekenhaeuptling und Nachfolger Montezumas. Auf dem Relief ist dargestellt wie qualvoll die Spanier ihn zu Tode brachten. Wenn Europaeer ueber Grausamkeiten auf anderen Kontinenten die Nase ruempfen, sollten sie die eigene Vergangenheit nicht ganz vergessen.

Danach ging alles schnell. Die Schachspiele machten mein Gepaeck viel zu schwer. Der Koffer wog 24kp, der Rucksack 16kp, also insg. 40 kp. Ich gab nur den Koffer auf. Ich hatte mich waehrend der Reise nicht rasiert und die Haare gehoerten auch geschnitten. Die Friseure am Airport rasieren ihre Kunden im Liegen. Soetwas habe ich vorher nie gesehen, und einige Peso waren auch noch uebrig. Also liess ich beides machen. Dann ging ich noch mal zum Gepaeck Chek-In. Jetzt gab ich den  Rucksack auf. Das Band transportierte ihn ab. Ich bekam ein zweites Kaertchen auf mein Ticket geheftet, und war das als Handgepaeck wohl etwas laestige Ding los. Keine Nachgebuehr!

Ueber Houston erreichte ich Paris. Dort musste ich nicht nur Flugzeug und Fluglinie wechseln, sondern auch den Flugplatz. Damit es nicht langweilig wird, verlor waehrend ich per Taxi durch Paris fuhr, vor uns ein Truck einige fabrikneue PKW's. Soetwas hatte ich vorher noch nie gesehen. Aber eigentlich dachte ich mehr an meine beiden Gepaeckstuecke. Alles ist gut in Muenchen angekommen, inklusive mir. Eine schone Reise hatte ihr Ende gefunden.

 

Harry Rost, geschrieben 2010, nach Notizen und aus dem Gedaechtnis. Den urspruenglichen Bericht habe ich leider verschlampert.

 

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updated  02.05.14

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