China, SARS und WHO

Die Fakten :

In China sind zwischen Mitte November 2002 und Mitte Mai 2003 ca. 360 Personen an SARS gestorben. Das sind  durchschnittlich 2 Personen pro Tag.

Chinas Gesamtbevölkerung betraegt ca. 1,5 Mrd. Menschen.

Wenn man von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 70 Jahren ausgeht, sterben demnach in China im Durchschnitt etwa 58708 Personen pro Tag.

Als wir am 23.03.03 nach China aufbrachen hatten wir von einem SARS Kranken gehört der von Singapur nach Frankfurt gekommen war, und von einigen Fällen in Hong Kong. Das Personal der Thai auf dem Flug Bangkok – Kanton am 25.03.03 trug bereits Mundbinden. Bald erfuhren wir auch einiges mehr. Wir haben uns ebenfalls Mundbinden geben lassen, die wir allerdings nie benutzten.

In China hat man das Thema um diese Zeit, aufgrund der o.a. Zahlen, ziemlich gelassen betrachtet. Wir haben Kanton und auch Guandong am 28.03.03 per Flug in Richtung Beihai verlassen, und waren damit bereits in einem Gebiet in dem nie ein SARS Fall aufgetreten ist.

Die WHO hat dann bei der Regierung in Peking Druck gemacht, damit das Thema SARS weniger lasch behandelt wird. Der Gesundheitsminister ist zurückgetreten und wurde später auch bestraft. Das war sicher gut und richtig. Danach wurden die betroffenen Orte und auch die Zahlen der Fälle bekanntgegeben. Das war sicher auch noch i.O. Im wesentlichen handelte es sich um Peking, Shanghai, Kanton und Hong Kong.

Danach begann eine totale Überreaktion und auch sonst allerhand Unsinn. Täglich wurden von der WHO neue Horrorzahlen bekanntgegeben, die teilweise zu panischen Reaktionen führten. Wir versuchten uns über die Deutsche Welle schlau zu machen. Aber die waren auch wenig hilfreich. Es wurden lange spekulative Diskussionen mit Wissenschaftlern gesendet, die sich auch noch gegenseitig in ihrer Einschätzung widersprachen. Die entsprechenden Webseiten im Internet kamen chinesisch, und wenn es uns mal die Umschaltung auf englisch gelang kam der bekannte Text, diese Seite ist zur Zeit nicht verfügbar.

Als wir am 23.04.von Guiyang nach Kunming fliegen wollten, wurden wir zum ersten Mal mit diesem Durcheinander konfrontiert. Obwohl in einer total SARS freien Zone lief plötzlich alles Flughafenpersonal mit Mundschutz herum. Vor dem Einchecken mussten wir Gesundheitszertifikate ausfüllen. Wir konnten dabei auch gleich feststellen, dass ein Teil des Personals damit überfordert war weil sie gar nicht englisch lesen konnten. Ich hatte Schnupfen und habe natürlich gelogen, weil wir erfahren hatten, dass man damit ggf. in Zwangsquarantäne genommen wird. Die Formulare wurden von medizinisch nicht ausgebildetem Personal eingesammelt. Aber wir wären, aufgrund fehlender Informationen, auch nicht in der Lage gewesen uns zu wehren.

Am Abend sagte uns dann der Manager unseres Hotels in Kunming, wir müssten am Morgen ausziehen weil er sein Hotel fuer Quarantäne frei machen müsste. Wir sind ins Camellia umgezogen, das angeblich einem Amerikaner gehört. Dort hatte man keine Probleme mit SARS. Wie wir später erfuhren hatte der Manager im ersten Hotel gelogen. Er hatte Angst wegen dem  Einreisestempel Kanton. Als wir einige Tage später Jinghong erreichten, wollte man uns in dem von uns reservierten Hotel aus gleichem Grunde am liebsten gar nicht erst aufnehmen. Internetcafes und div. andere Dinge waren geschlossen bis hin zum Monkey Hill und 2 Parks. So kann sich eine unüberlegte und auf die Eigenheiten eines Landes nicht abgestimmte Informationspolitik auswirken. China hat in der Provinz Ärztemangel, und in der chinesischen Medizin ist Antibiotica nicht üblich. Das wissen die Menschen, und die Informationen der WHO haben ihnen einfach Angst gemacht.

Ausserdem liefen auch die Massnahmen total falsch. Flugpassagiere wurden permanent kontrolliert. Der Strassenverkehr lief total unkontrolliert. Die Bauern rund um Peking die versucht haben Pekings Ausfallstrassen durch grosse Steine zu blockieren, haben intelligenter gehandelt als die Spezialisten der WHO. Um die Ausbreitung zu verhindern musste man potentielle Virenträger daran hindern die infizierten Städte zu verlassen, und nicht versuchen sie am Ankunftsort auszusperren. Ausserdem leben diejenigen, die sich einen Flug leisten können, sicher unter besseren hygienischen Verhältnissen, als die Wanderarbeiter die auf den Baustellen wahrscheilich Schlafsäle und Gemeinschaftstoiletten haben.

Das alles wurde nicht beachtet. Wenn schon in China die medizinische Versorgung noch nicht perfekt ist, hätte die WHO hier die Sache in die Gänge bringen müssen. So wie das gelaufen ist haben die nur Verwirrung gestiftet und Spesen gemacht. Diese Reise nach China hätten die sich sparen können.

Es ist inzwischen bekannt, dass die Viren auch über den Darm ausgeschieden werden. Danach können sie noch 24 Stunden und länger überleben. Für meine Begriffe geht damit  die grösste Übertragungsgefahr von den Gemeinschaftstoiletten aus. Wahrscheinlich haben die Damen und Herren von der WHO so eine Toilette noch gar nicht gesehen. Will das deshalb hier mal im Detail beschreiben. Ich wähle dabei bewusst die simpelste Art, die wir nur in ländlichen Gebieten angetroffen haben.

Der Hauptbestandteil einer solchen Toilette ist eine ca. 20 cm breite und 30 cm tiefe Rinne aus Beton. In der Luxusausführung ist sie mit Fliesen ausgelegt. Da hocken dann alle hintereinander über dieser Rinne. Zwischen den einzelnen Benutzern gibt es noch kleine Trennwände, die jeweils die Hinterfront des Vordermannes einigermassen abdecken. Ansonsten ist alles offen. Für Europäer ist das etwas gewöhnungsbedürftig. Aber es ist einfach und billig in der Herstellung. Es sind keine Fertigbauteile erforderlich, und als das Land noch nicht so dicht besiedelt war hat es sicher ausgereicht. Für Lüftung sorgt die Natur. Gespült wird mehrmals pro Tag vom Toilettenwart, bei der ganz einfachen Ausführung per Eimer, im Normalfall meist per Schlauch. Wo das alles hin fliesst weiss ich nicht, aber wohl in den seltensten Fällen in eine Kläranlage.

Das hier eine Ursache für Krankheitsübertragungen liegt, ist mir auch ohne grosse medizinische Kenntnisse klar. Wenn man in Zukunft Seuchen vermeiden will, und es wird mehr davon geben, dann sollte man mal Entwicklungshilfeprojekte in dieser Richtung starten. Sowas ist natürlich nicht spektakulär, aber es wäre vielerorts sinnvoll. Die Klotür ist dabei nicht so wichtig, daran kann man sich gewöhnen. Sitztoiletten mit jeweils eigener Spülung sollten es sein, auch weil da die geringsten Ansprüche an die Zielsicherheit gestellt werden.

Wir haben unsere Reise schliesslich abgebrochen weil alles sehr mühsam wurde. Dabei befanden wir uns inzwischen im Yunnan wo es nicht einen einzigen SARS Fall gegeben hat. Für uns ein geringer Schaden. China hingegen wird einen grossen wirtschaftlichen Schaden erleiden. Bei besserer Information und Organisation hätte sich vieles vermeiden lassen. Sehr wichtig wäre auch eine Information darüber gewesen, wie lange ein Mensch der sich nicht angesteckt hat als Virenträger gilt, und was die Früherkennungsmerkmale der Krankheit sind. Man kann nur auf die Lernfähigkeit der Macher hoffen.

Harry Rost, geschrieben 2004

HRost-Web-Titelbild2

updated  02.05.14

deutsch
english

Private Wepage von

Copyright © 2013. All Rights Reserved

Inge und Harry Rost