Berge, Angst und Abenteuer

Das Wehrertüchtigungslager

Im Jahre 1943 durften die Wehrfähigen über ihren Urlaub nicht mehr frei verfügen. Die 16jährigen mussten ihren Urlaub für HJ Kriegsdiensttage verwenden. Für Mitglieder der Bergsteigergefolgschaft 100 fanden diese im Elbsandstein statt. Sie mussten um ihren Urlaub antreten zu können ein Formular ausfüllen, von der HJ abstempeln lassen, und im Betrieb vorlegen. Die 17jährigen mussten ins Wehrertüchtigungslager. Dafür bekamen sie eine Einberufung. Kriegsdiensttage im Elbsandstein waren natürlich besser als Wehrertüchtigungslager. Also lies ich mir von Gerhard Jeschke, der auch schon 17 war, aber noch in Bergsteiger 100, ein schon abgestempeltes Leerformular mitbringen. Damit habe ich mir zunächst die Möglichkeit zum Urlaub erschwindelt. Gerhard auch.

Wir sind dann nach Krippen gefahren, wo die HJ sich traf. Dort haben wir uns bei der Kostenerstattung für die Fahrkarte mit angestellt, und auch noch eine Dose Kunsthonig in Empfang genommen. Anschließend wurden wir in einen Raum eingewiesen. Weil der Raum im Erdgeschoss lag, sind wir auch gleich durch das Fenster ausgestiegen und in Richtung einer Freiboofe weitergereist.
Wir haben eine schöne und erfolgreiche Kletterwoche verbracht. Danach erfuhr Gerhard, dass seine Einberufung angekommen war. Es war aber die richtige, nicht die ins Wehrertüchtigungslager. Einen Vorbescheid hatte er schon vorher daheim.
Es war Wochenende. Da gab es für mich die Chance den Markert Fritz zu treffen. In einer Kneipe habe ich ihn aufgespürt und zum bleiben überredet. Wir haben auch eine schöne gemeinsame Kletterwoche verbracht.

Wieder daheim, lag der Einberufungsvorbescheid für das Wehrertüchtigungslager Strachlitz bei Prag da. Nun musste ich die Sache irgendwie regeln. Ich ging gleich am Montag zu meinem Lehrlingsmeister und zeigte ihm das Ding. Der sagte: " Du hast doch Deinen Urlaub schon weg." Ich stellte mich natürlich dumm und ahnungslos, was mir noch nie schwer gefallen ist. Es half nichts. Zweimal Urlaub gab es natürlich nicht. Der Meister sagte: "Was hast du Dir denn dabei gedacht? Die sperren Dich doch ein". Ich antwortete: " Ich werde bald eingezogen. Vielleicht werde ich dann erschossen. Da wollte ich vorher noch mal richtig klettern gehen". Er machte mir den Vorschlag mich freiwillig zu melden, weil ich doch sowieso bald eingezogen würde, und da wäre gleich alles erledigt.

Das wollte ich aber auch nicht, weil ich dann hätte auch ins Wehrertüchtigungslager gehen können. Ich wollte solange als möglich die Wochenenden zum Klettern nutzen. Da machte er mir einen genialen Vorschlag, der mich vor dem Knast rettete. Er schrieb einen Brief an die absendende Dienststelle des Vorbescheides, und bat dort um Aufschub, da die Firma mit wichtigen Rüstungsaufträgen in Terminschwierigkeiten wäre.

Harry Rost, geschrieben 2008

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updated  02.05.14

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