Bergtouren und Tourenberichte

Grundschartner  Nordkante  ( Zillertaler Alpen )

Es musste zum Verzeihen sein, dass wir unser Nachtquartier, unser Auto, erst sehr spaet verliessen. Wir waren erst um Mitternacht in Haeusling angekommen und noch rechtschaffen muede.

Ein Glueck, dass der erste Teil unseres Aufstieges im Schatten lag, denn die Sonne brannte schon heftig herab.

Recht abwechslungsreich und steil ist das Steiglein angelegt, dass am linken Ufer eines kleinen Baches zu den gruenen Matten unter die Bodenalm emporleitet. Harry war schon weit vorausgerannt, wie er es immer tut, und erwartete mich oberhalb der Waldgrenze zwischen Buescheln praechtiger Alpenrosen. Der Platz verleitete direkt zur Rast. Munter plaetscherte der Bach vorbei. Eine kleine Waschung gab uns neue Frische.

Zwischen weidenden Kuehen hindurch setzten wir unseren Marsch fort, an der Alm vorbei in Richtung Einstieg. Praechtig war unser Ziel anzusehen, die Kante. Als hellgraue Schneide stach sie vor uns in den blauen Himmel.

Bald war der Einstieg erreicht und Harry hatte es jetzt eilig. Das Kletterfieber hatte ihn gepackt.

Der feste Granit mit seinen herrlich scharfen Kanten zeigte sich als gut gangbar. Zunaechst ging es auf schmalem First ohne besondere Anstrengungen dahin, und Harry meinte schon wieder voreilig : " Ich moechte bloss wissen, wenn das Ding endlich mal schwer wird ".

Es stellten sich dann doch einige Schwierigkeiten ein, vor allem im Mittelstueck wo man teilweise in der linken Flanke geht. Harry war besonders gluecklich dass nicht sehr viele Haken steckten. Hier hatte er wirklich die von ihm so hoch geschaetzte Freikletterei.

Wir waren hellauf begeistert und liessen unsere Blicke immer wieder ueber die schoene Landschaft unter uns streifen, in der wir immer neues entdeckten je hoeher wir kamen. Vor der Sonne vorbeiziehende Wolkenfetzen spendeten zeitweilig angenehmen Schatten.

Wir waren dem Gipfel schon sehr nahe, und auch fast am Ende der Schwierigkeiten, als ein furchtbares Gewitter losbrach. Blitze zuckten und es regnete in Stroemen. Es dauerte nicht lange und wir waren klatschnass. Die Temperatur sank rapide.

Harry meinte : " Nun aber schnell, wenn sich ein Eisfilm bildet kann der Weiterweg sehr unangenehm werden, zumal wir jetzt gerade ueber diese glatte Platte nach rechts queren muessen ". Es wurde sehr Kalt an die Finger, aber wir kamen vorwaerts. Der Regen wollte nicht nachlassen, und das Gewitter kam immer wieder zurueck wenn es sich einmal ein Stueck entfernt hatte.

Auf einem Schuttband, dicht unter dem Gipfel, schlug Harry vor zu warten. Unsere Standhaken summten zeitweise verdaechtig. Wir liessen deshalb vorsichtshalber unser Eisenzeug an einer Schnur ein Stueck hinab, und warteten weiter.

Wir warteten sehr lange auf das Ende des Gewitters. Die Schwierigkeiten lagen zwar hinter uns, dennoch war es recht unangenehm. In einer Gewitterflaute sind wir dann doch ueber den Grat gehuscht, und sofort abgestiegen. Wahrscheinlich sind wir falsch abgestiegen, denn es wurde noch mal etwas schwierig.

Ueber Schnee, Geroell und nasse Wiesen rannten wir weiter hinab. Als Harry, weil wir den Abstieg nicht ganz uebersehen konnten, im Fuehrer etwas von nach rechts halten las, sind wir gleich ins Nachbartal uebergewechselt.

Dort ging es spaeter steil durch regennasses Buschwerk und zwischen Baechen abwaerts. Dabei wurde es Nacht. Zuletzt landeten wir auf einem Felsriff von dem wir nicht herunter fanden. In einem feuchtkalten Biwak daemmerten wir dem Morgen entgegen.

Als wir den Biwaksack abstreiften zog ein strahlend schoener Tag herauf. Nur ein Katzensprung trennte uns vom Sondergrund. Die Sonne waermte unsere steifen Glieder und unsere nassen Sachen. Wir fanden das saftig gruene Tal gleich noch mal so schoen.

 

Inge Rost, geschrieben 1970 ( Die Tour war am 06.07.1968 )

 

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updated  02.05.14

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